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May 4, 2021
BILBoard April/Mai 2021 – Helleres Licht, kürzerer Tunnel
Die besser als erwartet ausgefallenen Makrodaten vom April deuten darauf hin, dass eine Konjunkturerholung bereits im Gange ist, wenngleich je nach Region in unterschiedlichem Ausmaß. Der Aufschwung wird durch akkommodierende fiskal- und geldpolitische Anreize unterstützt, während die eilige Auslieferung der Impfstoffe (mehr als eine Milliarde Dosen wurden bereits weltweit verimpft) den Tunnel zwischen der Gegenwart und einer leuchtenden Zukunft nach der Pandemie verkürzt.
Allerdings wäre da noch die Inflation, die sich derzeit anschickt, die Schau zu stehlen. Engpässe in der Lieferkette, ein weltweiter Mangel an Chips, die aufgestaute Nachfrage und steigende Rohstoffpreise wirken zu einem überzeugenden Szenario für eine höhere Inflation zusammen. Unseres Erachtens wird der Preisdruck jedoch vorübergehender Art sein und keine verfrühte Straffung der Geldpolitik auslösen. Die Verlautbarungen der wichtigsten Zentralbanken und die Breakeven-Inflationsraten deuten darauf hin, dass die politischen Entscheidungsträger und die Märkte diese Schlussfolgerung teilen.
Dann stellt sich die Frage von Zinssätzen. Zu Beginn des Jahres begaben sich Anleihen auf Talfahrt, angeführt vom US-Markt – dem größten der Welt und richtungsweisendfür die weltweiten Anlagekurse – da die Aussichten auf eine höhere Inflation die Anleger veranlasste, diese eilig aus ihrem Portfolio zu entfernen. Infolgedessen lag die Rendite 10-jähriger US-Anleihen bei mehr als 1,7 %. Die Zentralbanken scheinen diese Bedenken jedoch mittlerweile zerstreut zu haben, indem sie darauf beharren, die Märkte nicht sich selbst zu überlassen, bevor sich die Erholung als nachhaltig bestätigt hat. Davon ausgehend sind wir der Auffassung, dass das Potenzial für einen steileren Verlauf der US-Kurve begrenzt ist, und erwarten einen allmählichen Anstieg der Renditen 10-jähriger Anleihen – das Schlüsselwort ist dabei allmählich.
Dieses Szenario – ein leichter Zinsanstieg zusammen mit besseren Daten zum Wirtschaftsklima – steht im Einklang mit einer risikobereiten Haltung. Wir sind daher in Aktien und Unternehmensanleihen übergewichtet und in Staatsanleihen aus Kernländern und Duration untergewichtet.
Aktien
Aktien steigen weiter, unterstützt durch positive Korrekturen der Gewinnprognosen, die Liquidität und den Optimismus im Zusammenhang mit der Wiederöffnung der Wirtschaft und weisen eine relativ geringe Volatilität auf. Ein leichter Anstieg der Zinssätze, wie es unserem Basisszenario entspricht, dürfte den allgemeinen Aufwärtstrend nicht brechen, bedeutet aber, dass sektor- und stilbezogene Entscheidungen ausschlaggebend für die Erzielung von Renditen sein werden.
Aus geografischer Sicht gefallen uns nach wie vor die USA und China. Diese Regionen können als die wichtigsten Triebkräfte einer weltweiten Erholung betrachtet werden. In den USA schließen sich die Verbraucher den Unternehmen als Wachstumstreiber an (die Einzelhandelsumsätze stiegen im März um 9,8 %), und Präsident Biden feuert bei den fiskalpolitischen Anreizen aus allen Rohren. Um dies zu finanzieren, beabsichtigen die Demokraten Körperschaftsteuererhöhungen und eine Anhebung der Kapitalertragssteuerfür Wohlhabende (von 20 % auf 39,6 %). Die US-Wirtschaft dürfte aus unserer Sicht in der Lage sein, das Ausmaß der beabsichtigten Steuererhöhungen ohne Weiteres zu verkraften, und die Märkte zeigten keine starke Reaktion auf die Ankündigungen. Der Widerstand der Republikaner könnte eine Verwässerung der beabsichtigten Maßnahmen bedeuten. Bemerkenswert ist auch, dass bei ihrer Verabschiedung dieser Maßnahmen ein großer Teil des Geldes wieder in die Wirtschaft zurückfließen wird, beispielsweise an Haushalte mit geringerem Einkommen, deren Kaufkraft dadurch erhöht wird, was sich positiv auf den makroökonomischen Ausblick und letztlich auf die Unternehmen auswirkt.
In Sachen Anlagestile haben wir unser US-Engagement auf Value-Aktien ausgerichtet, bei denen die gesamtwirtschaftliche Dynamik stabiler ist. Bei den Sektoren bevorzugen wir zyklische Werte, die von einer anziehenden Konjunktur und steigenden Infrastrukturausgaben profitieren können (z. B. Grundstoffe und Industrie). Moody’s zufolge haben die Haushalte weltweit zusätzliche Ersparnisse von 5,4 Billionen US-Dollar (mehr als 6 % des BIP) angehäuft, von denen 2 Billionen US-Dollar auf die US-Haushalte entfallen (hauptsächlich aufgrund freiwilliger Vorsorgeeinsparungen und weil viele Geschäfte geschlossen oder in ihrem Betrieb eingeschränkt waren). Es wird erwartet, dass der Sektor der Nicht-Basiskonsumgüter nach der Wiederöffnung einen Schub erhalten wird, der dieses Geld langsam wieder in den Wirtschaftskreislauf zurückfließen lässt. Darüber hinaus schätzen wir Versorgungsunternehmen und wählen Titel aus, die von der Energiewende (einschließlich der Verpflichtung Bidens, die Nettotreibhausgasemissionen der USA bis 2030 auf die Hälfte des Standes von 2005 zu bringen) profitieren werden.
China ist mit einem (annualisierten) Wachstum von 18,3 % im ersten Quartal ein wirtschaftlicher Vorreiter. Nach der jüngsten Verkaufswelle sind die Bewertungen im Vergleich zu globalen Wettbewerbern relativ günstig und die inländischen Aktienmärkte werden durch starke Kapitalzuflüsse aus dem Ausland und die steigende Zahl von Börsengängen gestützt.
In Europa wurde das Wachstum durch Verzögerungen bei der Auslieferung der Impfstoffe gebremst, wie auch durch den Umstand, dass alle EU-Mitgliedstaaten noch den Rettungsfonds von 750 Mrd. Euro genehmigen müssen, wodurch die EZB mindestens bis Juli, wenn nicht länger, die Hauptlast tragen muss. Die gute Nachricht ist, dass das deutsche Bundesverfassungsgericht endlich grünes Licht für die Ratifizierung durch Deutschland gegeben hat. Die Verbraucherstimmung ist noch verhalten, was angesichts der Arbeitsmarktdynamik und der COVID-19-Einschränkungen nicht überrascht. Obwohl in Europa traditionell Value-Titel dominieren, die von steigenden Zinsen und einem steileren Verlauf der Renditekurve profitieren, widerstrebt es uns, bei einem derart unsicheren Ausblick zu einer Übergewichtung zu wechseln.
Die Schwellenländer ohne China, besonders Indien, befinden sich immer noch im Griff der Pandemie, während die Zentralbanken (etwa in Russland, Brasilien und der Türkei) angesichts des Inflationsanstiegs mit der Erhöhung der Zinssätze begonnen haben. Wir sind daher in Aktien aus Schwellenländern untergewichtet.
Anleihen
Der Anstieg der Renditen ist vorübergehend zum Stillstand gekommen. Wir gehen jedoch davon aus, dass sie schließlich ihre allmähliche Aufwärtsbewegung fortsetzen werden, wenn die Konjunkturerholung einsetzt. Wir sind daher in Staatsanleihen und Duration untergewichtet.
In einem Umfeld, in dem von den Zentralbanken eine Fortsetzung der Unterstützungsmaßnahmen erwartet wird, sich die makroökonomischen Gegebenheiten verbessern und Anleger auf die Zeit nach der Pandemie zu blicken scheinen, sollten sich Investment-Grade-Unternehmensanleihen weiterhin gut entwickeln. Die kräftige Nachfrage nach neuen Anleihen, die geringere Emissionstätigkeit und die hohen Kapitalzuflüsse schaffen ein günstiges Gleichgewicht und die Kreditspreads weisen nur eine sehr geringe Volatilität auf. Die Begrenzung des Durationsrisikos bei gleichzeitiger Verminderung der Kreditqualität ist nach wie vor die beste Methode.
Für Anleger, die zusätzliche Risiken verkraften können, ist das Segment der hochverzinslichen Anleihen die passende Wahl. Die Kapitalzuflüsse von Anlegern, die reichlich vorhandene Liquidität und die staatlichen Konjunkturprogramme wirken unterstützend (wie auch die steigenden Ölpreise, wenn wir uns auf den US-Markt konzentrieren). Bei den Ratingveränderungen verbessern sich die Tendenzen weiterhin und nähern sich in den USA und Europa dem Wert von 2, was bedeutet, dass es doppelt so viele Heraufstufungen wie Herabstufungen gibt.
Das Umfeld für Schwellenländeranleihen bleibt günstig, solange die US-Realzinsen negativ bleiben und die Renditen nur langsam steigen. Bei unserem Engagement in Schwellenländeranleihen bevorzugen wir auf Hartwährung lautende Unternehmensanleihen, die ein besseres risikobereinigtes Profil haben. Unternehmensanleihen reagieren weniger empfindlich auf einen Anstieg der Realzinsen als Anleihen staatlicher Emittenten.
Währungen und Rohstoffe
Unser langfristiger Ausblick für den US-Dollar bleibt negativ: Da es keine Signale der US-Notenbank für eine Straffung der Geldpolitik und die Bekämpfung des Doppeldefizits gibt, sind wir der Auffassung, dass der US-Dollar unter Druck geraten wird, auch wenn ein Aufflammen von Infektionsherden, geopolitische Risiken und verlängerte Lockdowns in Europa für einen gewissen kurzfristigen Auftrieb sorgen könnten.
Wir sind bei Gold, das als Diversifizierungsfaktor seinen Platz in unseren Portfolios hat, neutral positioniert. Sollten sich die Preise jedoch dem oberen Widerstandskurs (1.825 US-Dollar) nähern, würden wir in Betracht ziehen, einen Teil der Gewinne zu realisieren. Bei Öl sind wir ebenfalls neutral positioniert. Die Preise sind gegensätzlichen Kräften unterworfen – für die Aufwärtsentwicklung einem schwächeren Dollar, den Beschränkungen des Angebots durch die OPEC und dem Umstand, dass die Nachfrage langsam steigt (besonders da die Fluggesellschaften wieder abheben). Bei den Abwärtsrisiken sind verlängerte Lockdowns und Irans Absicht zur Wiederaufnahme der Produktion zu nennen.
Fazit
Wie bei fast jedem wirtschaftlichen Aufschwung läuft die gegenwärtige Konjunkturerholung nicht vollkommen synchron ab und die Unterschiede zwischen den Ländern sind recht deutlich. Als Anleger können wir uns jedoch auf die Chancen konzentrieren, anstatt den Mängeln dieses Booms zu viel Aufmerksamkeit zu widmen. Vorerst sind wir für die Aufwärtsphase des Konjunkturzyklus in Regionen, in denen die makroökonomischen Indikatoren grünes Licht zeigen, gut positioniert. Wie bereits erwähnt, werden stil- und sektorbezogene Entscheidungen ausschlaggebend für die Anlagerenditen sein. Sie hängen weitgehend von den Bewegungen an den Zinsmärkten ab, einem Bereich, der somit aufmerksam beobachtet werden muss.
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