März 4, 2024
BILBoardBILBoard März 2024 – weniger Wetten auf Zinssenkungen angesichts besserer Konjunkturdaten
Der Frühling steht vor der Tür. Die Tage werden wieder länger und heller. Der Kirschbaum auf dem Gelände der BIL blüht bereits in voller Pracht. Auch die aktuellen Konjunkturdaten lassen Frühlingsgefühle aufkommen.
Wie es im aktuellen Konjunkturausblick des IWF heißt: „Die Weltwirtschaft zeigt sich weiterhin bemerkenswert widerstandsfähig, und wir steuern auf eine sanfte Landung mit einer stetig sinkenden Inflation und anhaltendem Wachstum zu.“ Allgemein ist man auf beiden Seiten des Atlantiks nun weniger davon überzeugt, dass in den nächsten zwölf Monaten eine Rezession bevorsteht.
Vor allem die US-Wirtschaft zeichnet sich durch anhaltende Stärke aus. Die Unternehmen blicken optimistisch in die Zukunft und das verarbeitende Gewerbe scheint gegenüber dem Dienstleistungssektor aufzuholen, da die Lagerbestände wieder aufgefüllt werden und die Binnennachfrage robust ist. Das Verbrauchervertrauen erreichte im Januar den höchsten Stand seit zwei Jahren, was vor allem auf die weiterhin positive Entwicklung des Arbeitsmarktes zurückzuführen ist: Im Januar wurden 353.000 neue Arbeitsplätze geschaffen – fast doppelt so viele wie vom Markt erwartet und deutlich mehr als die 100.000 neu geschaffenen Stellen pro Monat, die erforderlich sind, um mit dem Wachstum der Erwerbsbevölkerung Schritt zu halten. Die Arbeitslosenquote verharrte bei 3,7 %.
Die starken Daten im bisherigen Jahresverlauf geben der Fed die dringend benötigte Flexibilität, um auf klarere Anzeichen dafür zu warten, dass sich die Inflation auf einem nachhaltigen Pfad in Richtung 2 % befindet. Die Gesamtinflation liegt aktuell bei 3,1 %, wobei sich vor allem die Dienstleistungskomponente (+5,4 % gegenüber dem Vorjahr) als hartnäckig erweist. Dies ist zum Teil auf die gestiegenen Lohnkosten zurückzuführen, die von den Unternehmen an die Kunden weitergegeben werden. Die gute Nachricht ist, dass die Markterwartungen hinsichtlich der Zinssenkungen zurückgegangen sind, ohne dass es zu Verwerfungen an den Märkten kam. Anfang 2024 rechneten Händler mit bis zu 7 Zinssenkungen in diesem Jahr, aktuell erwarten sie nur noch 3 bis 4. Dies passt besser zu den Zinsprojektionen der Fed (Dot Plot), die Zinssenkungen um insgesamt 0,75 % bis Dezember vorsehen. Wir bei der BIL halten drei Zinssenkungen in diesem Jahr, beginnend im Juli, für realistisch.
Sogar in der Eurozone haben sich die Daten leicht verbessert. Da eine technische Rezession vermieden werden konnte, die Inflation nach unten tendiert und sich Zinssenkungen abzeichnen, verbessert sich die Stimmung unter institutionellen Anlegern (gemessen am ZEW), Verbrauchern und Unternehmen. Die Einkaufsmanagerindizes deuten zwar nicht auf eine boomende Wirtschaft hin, aber auf eine Bodenbildung. Doch nicht alle Aussichten sind rosig. Die restriktiveren Finanzierungsbedingungen machen sich allmählich in der Realwirtschaft bemerkbar. Ein Großteil der Auswirkungen wird erst zu einem späteren Zeitpunkt zum Tragen kommen. 30 % der Festhypotheken in der Eurozone laufen in diesem Jahr aus. Die betroffenen Haushalte werden damit mit höheren Zinsen konfrontiert. Dies könnte die Erholung des Konsums und somit das Wachstum bremsen. Gleichzeitig steht der Bausektor weiterhin stark unter Druck, da die Märkte für Wohn- und Gewerbeimmobilien durch höhere Zinsen und den Trend zum Homeoffice beeinflusst werden.
Im Januar lag die Inflation in der Eurozone bei 2,8 % und damit nur geringfügig unter dem Wert des Vormonats (2,9 %). Hauptursache ist auch hier der Dienstleistungssektor, wo die Disinflation ins Stocken geraten ist. Die Preissteigerung lag hier drei Monate in Folge bei 4 %. In diesem Zusammenhang unterstrich die EZB die Notwendigkeit einer Verlangsamung des Lohnwachstums. Erfreulich ist, dass sich der Anstieg der Tariflöhne im vierten Quartal von 4,7 % auf 4,5 % abgeschwächt hat. Um den Beginn eines Abwärtstrends bestätigen zu können, benötigt die EZB Daten für mindestens ein weiteres Quartal. Diese werden ihr erst bei der Sitzung im Juni zur Verfügung stehen.
Wie in den USA wetten die Marktteilnehmer inzwischen weniger auf Zinssenkungen in der Eurozone. Die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung der EZB im April wird am Markt nun auf 65 % taxiert, nachdem Anfang Januar noch von Zinssenkungen im Gesamtumfang von 1,5 % ausgegangen wurde. Wir bei der BIL rechnen im Juni oder Juli mit der ersten Zinssenkung (im Falle eines Zinsschritts im Juni würde die EZB der Fed zuvorkommen, was möglich ist, wenn sich die Daten abschwächen).
Im Osten bleibt die chinesische Wirtschaft schwach. Eine Erholung hängt weitgehend von den Konjunkturmaßnahmen der Regierung ab. Der starke Konsum während des Mondneujahrsfestes sollte nicht als Beginn einer Erholung der Konsumausgaben missverstanden werden. Denn die Haushalte neigen dazu, zu sparen und nur zu bestimmten Anlässen Geld auszugeben. Gleichzeitig darf das Risiko möglicher Auswirkungen der US-Präsidentschaftswahlen, insbesondere auf den Aktienmarkt, nicht unterschätzt werden. Peking wiederum strebt eine stärkere Regulierung des Finanzsektors an. Dies stellt zwar eine notwendige Verbesserung für die langfristige Entwicklung der chinesischen Kapitalmärkte dar, birgt aber die Gefahr, dass sich die ohnehin negative Marktstimmung weiter eintrübt.
Anlagestrategie
Anleihen
Im Einklang mit unserem Ziel, die Duration schrittweise anzuheben, nutzten wir eine Verkaufswelle, um unser Engagement in Staatsanleihen zu erhöhen. Da europäische Staatsanleihen im Einklang mit US-Treasuries abgestoßen wurden und die Konjunkturaussichten in Europa schwächer sind, bevorzugen wir europäische Staatsanleihen gegenüber US-Treasuries. Die Renditen könnten zwar noch geringfügig weiter steigen. Der Großteil der Aufwärtsbewegung dürfte nach unserer Einschätzung aber hinter uns liegen. Damit haben wir die Gelegenheit genutzt, uns die attraktiven Renditeniveaus zu sichern und uns gegen einen Konjunkturabschwung abzusichern. Wir finanzierten diese Transaktion, indem wir unser restliches Engagement in variabel verzinslichen Anleihen vollständig verkauften.
In allen Profilen, mit Ausnahme des hohen Profils (in dem wir einen höheren Aktienanteil haben), reduzierten wir unser Engagement in Investment-Grade-Anleihen (IG) zugunsten von US-Hochzinsanleihen (HY), die eine attraktive Carry bieten. Hochzinsanleihen haben auf beiden Seiten des Atlantiks einen guten Jahresstart hingelegt. Da sich in Europa eine „Mauer der Fälligkeit“ auftürmt, bei der zahlreiche Anleihen zur gleichen Zeit fällig werden, bevorzugen wir die USA, wo dieses Problem weniger ausgeprägt ist. Wie im IG-Segment setzen die Anleger auf eine weiche Landung, was zu engen Spreads führt. Die Dynamik im HY-Segment ist nach wie vor hoch, und die Prognosen der Unternehmen deuten nicht auf eine plötzliche Abschwächung hin. Die Ausfallquoten werden in diesem Jahr voraussichtlich weiter steigen. Sie dürften aber im Rahmen bleiben und sich deutlich unter dem Niveau vergangener Krisen bewegen. Dennoch konzentrieren wir uns auf die qualitativ hochwertigsten Titel des Segments. Die Transaktionen wurden in Euro abgesichert. Aus langfristiger Perspektive erscheint der US-Dollar im Vergleich zum Euro überbewertet. Deshalb bleiben wir bei einer neutralen Haltung gegenüber dem US-Dollar.
Wir halten an der Übergewichtung von IG-Anleihen fest. Die technischen Faktoren sind weiterhin stark, wobei die Nachfrage das Angebot übersteigt. Allerdings sind die Spreads eng, sodass eine leichte Ausweitung nicht ausgeschlossen werden kann. Die Spreads europäischer IG-Anleihen sind nach wie vor deutlich höher als die von IG-Titeln in den USA.
Aktien
Gegenüber Aktien bleiben wir insgesamt neutral eingestellt, wobei wir Europa und China untergewichten und gegenüber den Schwellenländern (ohne China und Japan) eine neutrale Haltung einnehmen.
Wir sind in den USA weiterhin übergewichtet. Nach einem ununterbrochenen 14-wöchigen Aufwärtstrend (was zuletzt 1972 zu beobachten war) sind US-Aktien hoch bewertet. Die nach unten korrigierten Gewinnschätzungen schaffen jedoch die besten Voraussetzungen für US-Unternehmen, die Erwartungen zu übertreffen, insbesondere angesichts des derzeit starken Wachstums. Beruhigend ist auch, dass wir im Falle von Schwankungen nach wie vor über eine Absicherung nach unten (mittels Optionen) verfügen.
Die USA haben eine einzigartige Stellung bei strukturellen Themen wie KI und Digitalisierung. Wir stehen möglicherweise am Beginn eines neuen, KI-getriebenen Zyklus, der zu Effizienz- und Produktivitätssteigerungen sowie zu höherer Rentabilität führen wird. Im Zuge des Trends zur Rückverlagerung der Produktion und der Subventionsprogramme (CHIPs Act, IRA) haben amerikanische Unternehmen massiv in Fertigungskapazitäten, KI und Robotik investiert. Dies scheint sich bereits auszuzahlen. Denn die inländische Produktivität ist auf ein Niveau gestiegen, das seit 2009 (die Pandemie ausgenommen) nicht mehr erreicht wurde.
Auf Sektorebene behalten wir unsere Übergewichtung des Energiesektors (als geopolitische Absicherung), von Basiskonsumgütern (defensiver Sektor) und von Nicht-Basiskonsumgütern in den USA bei. Der IT-Sektor ist weiterhin übergewichtet, wobei Anleger, die von der seit Oktober 2023 zu verzeichnenden, starken KI-getriebenen Rally profitiert haben, ihr Engagement neu gewichten und einen Teil der Gewinne realisieren sollten.
Der Versorgersektor wurde von positiv auf neutral herabgestuft. Der Strompreis ist eng an den Gaspreis gekoppelt, was bei Versorgern in Zukunft zu einem gewissen Margendruck führen könnte. Die Gasspeicher in Europa befinden sich mit einem Füllstand von 86 % auf Rekordniveau: Hauptgründe hierfür sind die geringe Nachfrage angesichts der schwachen Konjunktur und das milde Wetter (wie der bereits erwähnte, für die Jahreszeit untypisch rosa blühende Kirschbaum veranschaulicht). Solange die Zinsen hoch bleiben, schwächelt die Attraktivität dieses dividendenstarken Sektors.
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