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January 28, 2020
BILBoard Januar 2020: Kein Patentrezept trotz partieller Waffenruhe im Handelskrieg
Zu Jahresbeginn herrschte eine
gewisse Angst an den Märkten, nachdem die Aktienkurse während der Rally im
Dezember trotz des praktisch nicht vorhandenen Gewinnwachstums für 2019 bereits
die Kursziele für 2020 mit Bravour hinter sich gelassen hatten. Verstärkt wurde
die Nervosität durch die wachsenden Spannungen im Nahen Osten. Diese lösten
kurzzeitig massive Verkäufe von risikoreichen Anlagen aus, die aber ohnehin
bereits reif für eine Korrektur waren. Die gute Nachricht ist, dass die
partielle Waffenruhe im Handelskrieg zwischen den USA und China dazu führt,
dass der Konflikt die Märkte nicht länger bedroht. Aus gesamtwirtschaftlicher
Sicht müssen wir jedoch bedenken, dass Vertrauen zwar sehr schnell schwindet,
jedoch nur ganz langsam wieder zurückkehrt. Die Unternehmen werden nicht
plötzlich mit Geld um sich werfen (zumal ein Phase-2-Abkommen laut
US-Finanzminister Steven Mnuchin bis nach den US-Präsidentschaftswahlen im November
eher unwahrscheinlich ist). Die Unterzeichnung eines Phase-1-Abkommens dürfte
daher nicht für eine glänzende Renaissance des Wachstums sorgen, sondern
bestenfalls den Zyklus verlängern, der bereits vor dem Handelskonflikt an
Schwung verloren hatte. Die Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende
Gewerbe (PMIs) versuchen bereits, nach oben zu drehen, was darauf hindeutet,
dass mit dem Fortschreiten des Zyklus ein gewisses Wachstum (unter Trend)
möglich sein könnte (die Konsenserwartung für das Wachstum im Gesamtjahr 2020
liegt bei 1,8 % für die USA, 1,0 % für die Eurozone und 5,9 %
für China).
Die verbesserten Daten haben die
Rezessionsängste vom Herbst etwas zerstreut, woran die moderate Haltung der
Zentralbanken ebenfalls Anteil hatte. Der aktuelle „Dot Plot“ der US-Notenbank
(Fed) deutet zwar an, dass es in diesem Jahr keine Zinsänderungen geben wird,
jedoch glauben die Märkte nach wie vor an eine weitere Zinssenkung. In jedem
Fall lockert die Fed ihre Geldpolitik mit ihren Repomarkt-Transaktionen
gleichsam durch die Hintertür. Die Europäische Zentralbank (EZB) lockert die
Geldpolitik unverhohlener und wird bis auf Weiteres weiterhin Anleihen im Wert
von 20 Mrd. Euro pro Monat kaufen. Die People’s Bank of China senkte zu
Jahresbeginn 2020 ihren Mindestreservesatz um 50 Basispunkte (Bp.) und
pumpte dadurch rund 115 Mrd. US-Dollar ins Finanzsystem. Die
wachstumsfreundliche Politik zeigt bereits positive wirtschaftliche Effekte,
und für das Jahr 2020 ist mit einer weiteren Feinjustierung zu rechnen.
In unmittelbarer Zukunft könnte
sich Anlegern, die mit einer höheren Volatilität erfolgreich zurechtkommen
können, daher ein recht freundliches Umfeld bieten.
Aktien – Berichtssaison wird
Aufschluss über Stimmung auf mikroökonomischer Ebene geben
Aktien sind teuer, da bereits ein
kräftiges Wirtschaftswachstum in ihre Kurse eingerechnet ist. Alle Blicke sind
nun auf die Berichtssaison gerichtet, die mehr Aufschluss darüber geben wird,
ob die Unternehmen die Begeisterung des Marktes teilen und inwieweit die Handelsspannungen,
das Vertrauen der Unternehmen und die Zölle die Rentabilität belastet haben.
Was die Zahlen für das
4. Quartal anbelangt, hat sich die Korrekturquote der Analystenschätzungen
bei knapp unter null stabilisiert, nachdem sie Anfang 2019 einen Tiefpunkt
erreicht hatte. Die starken Abwärtskorrekturen im abgelaufenen Jahr haben die
Messlatte für die Unternehmen gesenkt und dürften dazu führen, dass die
Gewinnprognosen deutlich häufiger übertroffen als verfehlt werden.
Trotz der etwas besseren gesamtwirtschaftlichen
Aussichten hielten wir es diesmal nicht für klug, das Risiko zu erhöhen. Unsere
Aktienallokation hielten wir vielmehr stabil, da wir die Bewertungen für stark
erhöht hielten, so dass Aktien möglicherweise erst einmal eine Verschnaufpause
einlegen sollten. Wir werden dies im Verlauf der Berichtssaison immer wieder
überprüfen. In der Zwischenzeit bleiben wir sektorneutral aufgestellt und
ziehen es vor, auf der Titelebene zu reagieren.
Wir bevorzugen nach wie vor
US-Aktien. Wir sind uns zwar bewusst, dass dies nicht mehr der allgemeine
Konsens ist, halten aber an dieser regionalen Präferenz fest, um weiterhin in
hochwertigen Wachstumsbereichen und Unternehmen engagiert zu sein, die ihre
Märkte eindeutig dominieren. Aktienrückkäufe dürften ebenfalls positive Effekte
haben.
Mit Blick auf unser Engagement in
europäischen Aktien haben wir unsere Portfolios einen Hauch zyklischer
ausgerichtet, indem wir den Fokus etwas stärker auf die Eurozone als auf Europa
insgesamt legen (und dadurch in einer defensiven Bewegung etwas vom britischen
Markt abrücken). Innerhalb unserer Allokation in den Schwellenländern
konzentriert sich unser Engagement auf Asien. Diese Region wird der größte
Nutznießer der Waffenruhe im Handelskrieg sein und hat im Hinblick auf die
makroökonomischen Daten am deutlichsten zugelegt.
Unser bevorzugter Stil ist nach wie
vor „Wachstum zu angemessenen Preisen“.
Anleihen – Fortsetzung der
Renditejagd von 2019
Das globale Wachstum erreicht die
Talsohle, so dass wir im Zinsbereich bereits einen gewissen Aufwärtsdruck
erkennen. Etwaiger Zinsanstieg wird von den Zentralbanken jedoch eingedämmt
werden, da diese ihren expansiven geldpolitischen Kurs weiterverfolgen dürften.
Angesichts des Umstands, dass die späten Phasen des Zyklus häufig von
kurzzeitigen Volatilitätsschüben gekennzeichnet sind, halten wir zur
Absicherung nach wie vor einige Staatsanleihen, die während der jüngsten
Eskalation zwischen den USA und Iran ihrer Funktion als „sichere Häfen“
tatsächlich auch gut gerecht wurden. Regional betrachtet, bevorzugen wir
US-Treasuries, da wir über die potenziellen Verluste besorgt sind, die
europäischen Staatsanleihen bei einer Rückkehr der Inflation drohen könnten. In
diesem Zusammenhang haben wir ebenfalls einen Teil unserer Positionen in
Staatsanleihen in inflationsgebundene Anleihen umgeschichtet, um unsere
Diversifikationsstrategie zu erweitern. Wir glauben, dass der Markt im Hinblick
auf die Inflationstreiber in der Region, wie potenzielle Haushaltsausgaben und
höhere Ölpreise in Verbindung mit Aufwärtsdruck auf die Löhne (der britische
Mindestlohn dürfte um 6,2 % steigen und Spanien hebt den Mindestlohn auf
über 1.000 Euro pro Monat an), ein wenig selbstgefällig sein könnte. Die
Zentralbanken haben bereits erklärt, dass sie einen starken Anstieg der
Inflation tolerieren würden. Wir erinnern hierbei an die Analogie „Inflation
wie Ketchup“ – erst schüttelt man die Flasche vergeblich und plötzlich
kommt alles auf einmal heraus.
Staatsanleihen von Peripherie- und
(Semi-)Kernländern finden wir interessant; sie sind bei Anlegern überaus stark
gefragt, die auf die Konvergenz der Spreads in Europa spekulieren. Allerdings
mit einer kleinen Einschränkung: Mit Blick auf Italien bleiben wir vorsichtig,
denn der Markt ist zwar günstig, jedoch spiegelt dies nur die politische
Unsicherheit wider. Im Januar stehen Regionalwahlen in dem Land an, Fitch wird
das Kreditrating am 7. Februar überprüfen und die Regierung wird
möglicherweise Zahlungen in Milliardenhöhe an den privaten Autobahnbetreiber Atlantia
leisten müssen.
Im Investment-Grade-Segment ist der
Großteil der positiven Entwicklung bereits vorüber, so dass für die nächste
Zeit mit niedrigeren Erträgen zu rechnen ist. Dennoch bleibt der Mittelzufluss
kräftig, und Neuemissionen werden vom Markt aufgesaugt, was beweist, dass nach
wie vor Liquidität vorhanden ist, die angelegt werden will. In dieser
Anlageklasse sind wir insgesamt übergewichtet. Der Löwenanteil unserer
Positionen entfällt auf Europa, wo die EZB mit unsichtbarer Hand die Kurse
stützt.
Im Hochzinsbereich, der indirekt
Unterstützung von der EZB erhält, sind die Spreads eng und könnten dies bei
einem positiven Verlauf der Berichtssaison auch bleiben. Da die höherwertigen
Tranchen (mit BB-Rating) immer teurer geworden sind, weil Anleger, die
normalerweise im Investment-Grade-Bereich agieren, nun auch am Hochzinsmarkt
investieren, werden wir in unseren defensiven und risikoarmen Profilen gezielt
und vermehrt Anleihen aus Nischensegmenten des Markts auswählen (zum Beispiel
nachrangige Finanzanleihen).
Unsere wichtigste Schlussfolgerung in diesem Monat lautet, dass sich die Wachstumsaussichten in der Tat positiver darstellen als noch vor wenigen Monaten. Die harten Daten müssen aber noch nachziehen, nachdem sich die Aktienmärkte aufgrund der Waffenruhe im Handelskrieg sehr positiv entwickelt haben. Da die Zentralbanken praktisch für den Energie-Boost sorgen, den die Volkswirtschaften benötigen, um weiter spürbar zuzulegen, ist das nicht unmöglich. Doch bis die Daten die Lücke zwischen Realität und erwarteter Realität schließen, warten wir lieber ab. Daher bleiben wir gegenüber Aktien neutral eingestellt und halten einen gewissen Bestand an Staatsanleihen als Puffer, falls die makroökonomischen Daten schlappmachen sollten.
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