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November 26, 2020
BILBoard November 2020 – Eine leichte Beimischung von Substanzwerten
Seit unserem
letzten BILBoard-Newsletter hat sich einiges getan. Der demokratische Kandidat
Joe Biden gewann die US-Präsidentschaftswahlen, aber der umfassende Wahlsieg
der demokratischen Partei auf ganzer Linie, mit dem die Märkte gerechnet
hatten, blieb aus. Doch obwohl sie auf dem falschen Fuß erwischt wurden, kamen
die Märkte schnell zu der Einstellung, dass ein gespaltener Kongress das
günstigste Szenario sei, um ein zu starkes Abdriften der Politik nach links zu
vermeiden. Im November kamen auch Hoffnungen auf einen Impfstoff auf, da zwei
Kandidaten es bei Studien auf eine Wirksamkeit von rund 95 % brachten. Bis
zur letztendlichen Verteilung eines Impfstoffs ist es zwar noch ein weiter Weg,
aber die euphorische Stimmung trieb den S&P 500 und den Dow Jones
auf neue Allzeithochs und löste eine kurze, aber heftige Umschichtung von
Wachstums- in Substanzwerte aus. Doch der Optimismus im Hinblick auf die Zukunft
und eine Lösung für die Gesundheitskrise muss mit der aktuellen Realsituation
in Einklang gebracht werden, die noch von steigenden Infektionszahlen dies- und
jenseits des Atlantiks gekennzeichnet ist, die neue Einschränkungsmaßnahmen
erforderlich machen.
Makroökonomischer Ausblick
Die
epidemiologische Lage schlägt sich in den makroökonomischen Daten nieder, aber
nicht in dem Maße, dass wir unser Basisszenario anpassen müssten. Dank der
geld- und haushaltspolitischen Unterstützung sind wir nach wie vor der Meinung,
dass eine Konjunkturerholung im Jahr 2021 denkbar ist und während der Krise
erlittene Wohlstandsverluste 2022 wieder ausgeglichen werden können.
In den USA fiel
die Erholung kräftiger als erwartet aus. Bei den Unternehmen deutet der Anstieg
der Industrieproduktion, Kapazitätsauslastung und Auftragseingänge für
Gebrauchsgüter auf einen Aufschwung hin, während die ISM-Umfrage zeigt, dass
sowohl der Fertigungs- als auch der Dienstleistungssektor zulegen. Dies sind
gute Vorzeichen für den Arbeitsmarkt, und bereits im Oktober fiel die
Arbeitslosenquote um einen ganzen Prozentpunkt auf 6,9 %. Trotz alledem
blieb das Konsumklima aufgrund steigender Fallzahlen gedämpft. Es wird
zusätzliche Unterstützung durch Konjunkturprogramme benötigt, und man kann nur
hoffen, dass die letzten Monate der Amtszeit von Präsident Trump ohne
publikumswirksame Einlagen vergehen.
In Europa
übertraf der Anstieg des BIP-Wachstums im dritten Quartal (+12,7 %) die
Erwartungen, was der Aufhebung der Ausgangsbeschränkungen zu verdanken ist.
Jetzt werden eben diese Beschränkungen jedoch wieder eingeführt und treiben den
Kontinent an den Rand eines erneuten Abgleitens in die Rezession. Dabei ist es
nicht hilfreich, dass das lang erwartete Konjunkturpaket auf Eis liegt, nachdem
es von Ungarn und Polen blockiert wurde, sodass die EZB vorerst weiter am
Steuer sitzt, wenn es um die Unterstützung der Wirtschaft geht. Die Zentralbank
wird bei ihrer Dezembersitzung voraussichtlich ihre Maßnahmen ausweiten, aber
letztendlich kann sie nur wenig tun, um Verbrauchern Mut zu machen, außer die
Belastung durch Bestandsschulden zu lindern. In diesem Bereich besteht klarer
Bedarf an fiskalpolitischer Unterstützung.
Die chinesische
Wirtschaft erfreut sich im dritten Quartal aufgrund eines unerwartet starken
Anziehens der Exporte und Einzelhandelsumsätze einer eindeutig V-förmigen
Erholung mit einem Wachstum von 4,9 %. Sowohl der Fertigungs- als auch der
Dienstleistungssektor verzeichneten im Oktober ein starkes Wachstum, und der
Einkaufsmanagerindex deutet auf eine anhaltende Expansion hin, die durch eine
gezielte fiskalpolitische Unterstützung gefördert wird.
Anleihen
Der Durchbruch
bei der Impfstoffentwicklung trieb die Zinsen in die Höhe, aber der Anstieg
wird durch die Großzügigkeit der Zentralbanken und Sorgen über steigende
COVID-19-Fallzahlen im Zaum gehalten. Die Jagd nach Rendite ist wieder im
Gange, und da Schuldtitel im Wert von 16 Billionen USD negative Renditen
aufweisen, wagen sich Anleger auf der Suche nach Erträgen in bonitätsschwächere
Segmente. Für Anleger ist es entscheidend, weiterhin selektiv vorzugehen, um
den Zielkonflikt zwischen Risiko und Rendite erfolgreich zu meistern.
Bei Staatsanleihen ziehen die risikolosen Zinssätze in den USA angesichts einer dynamischen Konjunkturentwicklung langsam an, während die europäischen Renditen schrumpften, da der Kontinent mit seinen alten Problemen, nämlich einem geringem Wachstum und der ausbleibendem Inflation, zu kämpfen hat. Aufgrund niedriger und negativer Renditen werden Staatsanleihen zum Rosenkohl eines ausgewogenen Portfolios – ein Standardgericht, aber nicht besonders appetitlich. Besonders vorsichtig sind wir in Bezug auf die Duration in den USA, wo Potenzial für ein leichtes Anziehen der Renditen vorhanden ist.
Wir bevorzugen
weiterhin Investment-Grade-Unternehmensanleihen, die von einer Verbesserung der
Fundamentaldaten unterstützt werden. Nach einem monatelangen Seitwärtstrend
ermöglichten die Neuigkeiten über einen Impfstoff den Spreads, frühere
Widerstände zu durchbrechen und in Europa sogar unter 100 Bp. zu fallen.
Der Investment-Grade-Markt wird vorerst von den Zentralbanken unterstützt, und
in Europa wird das wahrscheinlich bis 2021 der Fall sein. In den USA steht der
Markt für Investment-Grade-Anleihen bereits auf eigenen Füßen, und die Fed
verschießt nur einen Bruchteil ihres Pulvers. Als sich abzeichnete, dass die
US-Notenbank ihre Käufe von Unternehmensanleihen 2021 nicht fortsetzen würde,
reagierten die Märkte gelassen, denn natürlich werden Unternehmenspapiere
weiterhin indirekte Unterstützung durch die Staatsanleihekäufe der Fed
erhalten.
Hochzinsanleihen
durchbrachen ebenfalls Widerstände, und die Rendite im US-High-Yield-Segment
fiel im Monatsverlauf auf ein Allzeittief von 4,56 %. Angesichts starker
Mittelzuflüsse, nach wie vor begrenzten Ausfällen und dem Potenzial für eine
gewisse Spreadverengung (vor allem zwischen BBB und BB) verfolgen wir einen
selektiven Ansatz bei dieser Anlageklasse. Das reichhaltige Angebot im
Hochzinsbereich umfasst ein breites Spektrum an Unternehmen, von denen einige
ganz passabel sind, während man von anderen besser die Finger lassen sollte.
Auf die sorgfältige Auswahl kommt es an, insbesondere da Moody’s
prognostiziert, dass die Ausfälle frühestens im März ihren Höchststand
erreichen werden.
Wir bevorzugen
aufgrund ihres Volatilitätsprofils und kürzerer Laufzeiten weiterhin
Unternehmensanleihen gegenüber Staatsanleihen der Schwellenländer.
Aktien
Alles in allem
sind wir Aktien gegenüber positiv eingestellt. Kurz nach der Berichtssaison für
das dritte Quartal, die in den USA und in Europa wesentlich besser als
befürchtet ausfiel, hoben die Analysten ihre Prognosen für das Gewinnwachstum
in den kommenden 12 Monaten in allen Regionen außer Japan in den positiven
Bereich an. Wir bevorzugen weiterhin die USA (wo man hochwertige Wachstumstitel
und Nutznießer der „Stay at home“-Devise findet) und China (aufgrund
seines starken Binnenwachstums).
Das Szenario längerfristig niedriger
Zinsen begünstigt immer noch den qualitäts-/wachstumsorientierten Anlagestil,
den wir weiterhin bevorzugen. Doch wie wir im November erlebt haben, gehen
Erholungsrallys oft mit kurzen, aber heftigen Stilwechseln einher. Auch wenn
wir nicht der Meinung sind, dass das aktuelle Umfeld einer ausgedehnten
Outperformance von Value-Aktien zuträglich ist, müssen Portfolios vor möglichen
zeitweiligen Stimmungsumschwüngen geschützt werden. Um das zu gewährleisten,
berücksichtigen wir durch unsere Sektorprognosen jetzt auch die
Konjunkturabhängigkeit mit, insbesondere indem wir das Engagement in
Basiskonsumgütern zugunsten von Industriewerten reduziert haben.
Die Industrie
ist ein mittel- bis spätzyklischer Sektor, mit dem man auf steigende
Einkaufsmanagerindizes setzen kann. Sie wird in hohem Maße von den groß
angelegten Konjunkturprogrammen in den USA und Europa profitieren. Auch
gegenüber Grundstoffen sind wir mittlerweile positiver eingestellt. Die
Konjunkturerholung in China und ein Anziehen der Industrietätigkeit gehören zu
den Faktoren, die massive Gewinnkorrekturen in dem Sektor sowie einen Anstieg
der Rohstoffpreise vorantreiben werden. Grundstoffe mögen zwar auf den ersten
Blick teuer wirken, aber dies ist hauptsächlich auf die hohen Bewertungen im
Teilsektor Chemie zurückzuführen. Anderswo findet man noch Wertpotenzial.
Während die
erwähnten Sektoren für eine leichte Beimischung von Substanzwerten sorgen, stellen
wir diesen zum Ausgleich starke Wachstumssektoren zur Seite, die aus unserer
Sicht noch Luft nach oben bieten, insbesondere solange die Pandemie weiter
grassiert. Bei diesen sichereren Segmenten handelt es sich um Folgende: IT,
ein Sektor mit robustem Gewinnwachstum, starken Cashflows und soliden Bilanzen,
der von der „Stay at home“-Thematik und der strukturellen Verlagerung
auf die Digitalisierung profitiert; das Gesundheitswesen, ein defensiver
Sektor, dem die Pandemie Elan verliehen hat; und die Versorgung, ein
weiterer defensiver Sektor, der zurzeit – und auch in Zukunft – von
der weltweiten Konzentration auf erneuerbare und saubere Energien profitiert.
Es ist noch zu früh, um die Portfolios für einen Wiederaufschwung von Substanzwerten zu positionieren. Doch mit dem Voranschreiten der Konjunkturerholung könnten Aktien, die nicht den Pep der Überflieger aus dem Technologiesektor haben, ihr Comeback starten, insbesondere wenn die neuen Konjunkturanreize im kommenden Jahr in die Realwirtschaft durchsickern. Im Moment konzentrieren wir uns auf Qualitäts-/Wachstumsaktien und mischen als Appetithäppchen einige Value-Aktien bei, die Anlegern dabei helfen werden, etwaige vorübergehende Anlagestilwechsel besser zu verdauen.
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